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Are you normal?



-„Okapi, darf ich dich wieder einmal mit einer Frage belästigen?“, fragt Zebra, das gerade mit der Lektüre eines Blogs über zeitgeistige Fragen fertig geworden ist.

 

Okapi nickt und schiebt eine leere Kaffeetasse von sich weg. -„Haben wir noch Kaffee?“

 

-„Nicht dass ich wüsste. Aber Gartentee aus Indien. Eine Freundin war dort und hat ihn direkt in dem Geschäft der Teegärten gekauft. Bio und fairtrade.“

 

Okapi nickt wieder. -„Gut zu wissen. Aber warum muss man das extra betonen? Es sollte doch klar sein, dass Tee ohne Giftstoffe angebaut wird und die Menschen, die dort arbeiten, einen angemessenen Lohn erhalten.“

 

-„Sollte klar sein, da gebe ich dir recht.“ stimmt Zebra zu. „Ist es aber leider nicht. Du bringst selbst das Gespräch in meine Richtung, denn ich wollte fragen, was „normal“ ist und wer das bestimmt.“

 

Okapi grummelt. -„Die Frage hatten wir doch schon ein paar Mal. Und es kommt immer das gleiche heraus…“

 

Zebra wartet, denn aus Erfahrung weiß es, dass der Satz fortgeführt werden wird. Und das stimmt auch jetzt wieder.

 

„… die so genannte “Normalität” ist eine Konstruktion. Wenn man sich in unterschiedlichen Kulturen umschaut oder umhört, gibt es ganz verschiedene Ideen, was “normal” ist. Oder auch, wenn wir das schöne Tool der Zeitmaschine zur Verfügung haben…”

 

Zebra unterbricht aufgeregt: “Haben wir das jetzt endlich geschafft? Kann ich zurückreisen?”

 

“… naja, das kannst du mit den vorhandenen Informationen und mit deiner Phantasie…“ gibt Okapi zu bedenken. „Wissenschaftlich darstellbar ist es leider nicht, bisher… aber was ich damit meine: was viele jetzt für „normal“ halten, wäre es woanders oder zu anderen Zeitpunkten in der Geschichte eben nicht.“

 

-„Kannst du das konkreter machen? Meinst du sowas wie Rollenvorstellungen?“

 

„Jedenfalls. Traditionelle Geschlechterrollen unterscheiden sich in verschiedenen Kulturen und Epochen. Sie machen klar, dass die „Normalität“ auf der Grundlage sozialer Hierarchien konstruiert wird. Rollenerwartungen wurden durch patriarchalische Systeme, religiöse Lehren und kulturelle Erzählungen geprägt – und sind es immer noch.“

 

„…oder wieder!“ wirft Zebra ein. „Aber auch der Umgang mit anderen Lebensformen und Lebewesen ist davon beeinflusst, meinst du nicht?“

 

Okapi schaut grimmig. -„Denk an Sweatshops, Bergbau und, am weitesten verbreitet: Tierausbeutungsindustrie.“

 

-„Jedenfalls. Als „normal“ gelten großteils immer noch industrielle Landwirtschaft, Tierversuche und Jagd, weil man von der Überlegenheit von Menschen ausgeht.“

 

-„Außerdem gibt immer noch die kolonialistische Sichtweise, die davon ausgeht, Menschen in anderen Regionen dürften sich glücklich schätzen, wenn sie überhaupt einen Job haben und sich nicht selbst verkaufen müssen. Das ist dem Konsumentenseelchen einfach egal, solange es konsumieren kann“, stellt Okapi fest.

 

-„Da bin ich mir gar nicht so sicher!“ widerspricht Zebra. –„Denn schließlich tun die Betreiber dieser ausbeuterischen Praktiken alles dafür, dass sie nicht sichtbar werden. Und Menschen, die auf soziale Missstände aufmerksam machen, werden oft als terrorverdächtig eingestuft. Ich sage nur ,Whistleblower‘.“

 

-„Stimmt!“, gibt Okapi zu. -„Insofern ist es paradox, dass der Konsum solcher Produkte als „normal“ angesehen wird. Gleichzeitig gilt es als „normal“, die Fakten über die industrielle Landwirtschaft oder der Modeindustrie zu verbergen, weil Menschen davon abgeschreckt wären. Weil ihnen vielleicht der Appetit vergeht, oder die Lust, das 22. T-Shirt zu kaufen, obwohl es so eine schöne Farbe hat.“

 

-„Ganz abgesehen davon, dass die angebliche, rückwärtsgewandte kulturelle Tradition, Tierkörper und deren Produkte als Nahrung zu betrachten, keinem Naturgesetz entspricht – und schon gar nicht in Zeiten der Klimakrise. Genau so, wie es keinerlei Evidenz dafür gibt, dass der Erwerb von materiellen Gütern Menschen zufriedener macht oder gar, erlaube mir den spirituellen Einwurf: „erfüllt“!“ Zebra nimmt einen bewussten Atemzug. -„Ich darf zusammenfassen: Konsum mag vorübergehend Freude und Befriedigung erzeugen, diese flachen aber schnell ab und führen nicht zu langfristiger Lebenszufriedenheit. Es entsteht rasch wieder ein Gefühl der Leere. Wissenschaftliche Evidenz gibt es hingegen für Alternativen!“

 

-„Als da wären?“ will Okapi wissen.

 

-„Forschungen über Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit zeigen, dass z.B. künstlerische Aktivitäten die Fähigkeit zu Einfühlung, aber auch zu kritischem Denken fördern. Außerdem – und das weißt du so gut wie ich – sehnen wir uns – bewusst oder unbewusst - nach einer gewissen Wiederverzauberung der Welt. Und die Entwicklung eines Bewusstseins für Schönheit bereichert die Weltwahrnehmung. Sie vermittelt Freude. Und nach neuesten Erkenntnissen…“ Zebra macht eine Kunstpause,   -„…werden Achtsamkeit mit Wohlbefinden und psychischer Gesundheit in Verbindung gebracht.“

 

-„Daraus folgt…“, sagt Okapi: -„Wir leben mit dem, was der Mainstream als „normal“ versteht, immer in der Vergangenheit. Ich nehm jetzt mal die Zeitmaschine in die andere Richtung!“

 

-„Ich komme mit!“ ruft Zebra mit einem fröhlichen Zwinkern.



Picture: ©Skyler Ewing, Pexels



Are you Normal?


-"Okapi, can I bother you again with a question?" asks Zebra, who has just finished reading a blog about contemporary issues.


Okapi nods and pushes an empty coffee cup away. -"Do we still have coffee?"


-"Not that I know of. But garden tea from India. A friend was there and bought it directly from the tea garden store. Organic and fair trade."


Okapi nods again. -"Good to know. But why do you have to emphasize that? It should be clear that tea is grown without toxins and that the people who work there are paid a fair wage."


-"Should be clear, I agree," agrees Zebra. "But unfortunately it's not. You're bringing the conversation in my direction yourself, because I wanted to ask what is "normal" and who determines that."


Okapi grumbles. -"We've already had that question a few times. And it always comes out the same..."


Zebra waits, because it knows from experience that the sentence will continue. And it's true again now.


"... the so-called "normality" is a construction. If you look or ask around in different cultures, there are very different ideas of what "normal" is. Or even if we have the wonderful tool of the time machine at our disposal..."


Zebra interrupts excitedly: -"Have we finally done that? Can I travel back?"


-"...well, you can travel with the information you have and with your imagination...", Okapi points out. "Unfortunately, time travel can't be performed scientifically, so far... but what I mean is: what many people here now may find "normal" would not be considered normal elsewhere or at other times in history."


-"Certainly. Like, traditional gender roles vary in different cultures and eras. They show how 'normality' is constructed on the basis of social hierarchies. Role expectations have been shaped by patriarchal systems, religious teachings and cultural narratives - and still are."


"...or are revived again!" Zebra interjects. "But the way we treat other life forms and creatures is also influenced by this, don't you think?"


Okapi looks grim. -"Think of sweatshops, mining and, most widely: Animal exploitation industry."


-"Agreed. Industrial agriculture, animal testing and hunting are still largely considered 'normal' because people assume that humans are superior."


-"In addition, there is still the colonialist view that assumes: people in other regions should consider themselves lucky if they have a job at all and don't have to sell themselves. The consumer mind simply doesn't care as long as it can consume", Okapi notes.


- "I'm not so sure about that!" Zebra disagrees. -"After all, the operators of these exploitative practices do everything they can to ensure that they don't become visible. And people who draw attention to social deficiencies are often classified as suspected terrorists. I'm just saying 'whistleblower'."


-"That's right!" admits Okapi. -"In this respect, it is paradoxical that the consumption of such products is considered 'normal'. While, at the same time, it is considered 'normal' to hide the facts about industrial agriculture or the fashion industry because people would be put off by it. Because they might lose their appetite, or the desire to buy the 22nd T-shirt, even though it's such a nice color."


-"Quite apart from the fact that the alleged, backward-looking cultural tradition of regarding animal bodies and their products as food does not correspond to any natural law or need - and certainly not in times of climate crisis. Just as there is no evidence that the acquisition of material goods makes people happier or even, allow me the spiritual insert: "fulfilled"!" Zebra takes a conscious breath. -"In conclusion: Consumption may generate temporary joy and satisfaction, but these quickly degenerate and do not provide long-term life satisfaction. A feeling of emptiness quickly arises again. However, there is scientific evidence for alternatives!"


-"What are they?" Okapi wants to know.


-"Research on well-being and life satisfaction shows that artistic activities, for example, enhance the ability to empathize, but also to critical thinking. In addition - and you know this as well as I do - we long - consciously or unconsciously - for a certain re-enchantment of the world. And when we develop an awareness of beauty, it enriches our perception of the world. It creates joy. And according to the latest findings..." Zebra pauses for effect, -"...mindfulness is associated with well-being and mental health."


- "From this it follows that...", Okapi says: -"We are always living in the past with what the mainstream understands as 'normal'. I'm going to take the time machine in the other direction!"


- "I'm coming with you!", calls Zebra with a cheerful wink.



Picture: ©Skyler Ewing, Pexels

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