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Autorenbildsusakarr

Es ist was es ist





-Okapi, hast du Zeit für ein bißchen metaphysisches Crossover?

 

-Oh, hi Zebra, ich hab dich gar nicht kommen hören. Okapi blinzelt unter einem Strohhut hervor, der ihm ausgezeichnet zu Gesicht steht. -Was meinst du damit? Und mit was wird das Crossover hergestellt?

 

Zebra wirft bewundernde Blicke auf den Sonnenhut. -Gute Idee, sowas aufzusetzen. Wahrscheinlich sind bei der Hitze meine Denkprozesse eher assoziativ. Ich habe ein paar unzusammenhängende Beobachtungen gemacht und würde dich gerne fragen, was du davon hältst!

 

-Wieso soviel Vorrede? Schieß los! sagt Okapi ermunternd.

 

-Um nicht dem Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit ausgesetzt zu sein…

 

-Hört, hört, als wenn das jemals vorgekommen wäre, kichert Okapi.

 

-…möchte ich an Monsieur Tractatus erinnern, sagt Zebra mit andächtiger Miene. -Du kennst ihn.

 

-Selbstverständlich! Wittgenstein gilt auch heute als wichtiger Denker mit besonders klarer Sprache! Allerdings nicht immer eindeutig… claire-obscure, möchte ich sagen. Aber auf welche Aussage beziehst du dich?

 

-Ich habe, sozusagen, Situationen gesammelt, in denen Worte nicht vorkommen oder eher störend wären, und dabei ist mir seine bestechende Formulierung eingefallen: “Es gibt allerdings Unaussprechliches. Das ist das Mystische.”

 

-Klingt vielversprechend. Und welche Situationen waren das?

 

-Zum Beispiel einfach zu bestaunen, wie die kleine Biene, die ich gerade aus dem Wasser gerettet habe, herumstrampelt, um wieder auf die Beine zu kommen. Und diesen Willen zum Leben zu beobachten, der in allen Wesen steckt, auch in so einem kleinen. Das ja theoretisch eigentlich gar kein besonders großes Gehirn haben kann, wenn es selbst so klein ist, nicht? Wo hat der Wille dann seinen Ort?

 

Okapi nickt. -Und, weiter?

 

-Oder, wenn ich die kleine Tomatenpflanze, die schon alle Blätter hängen lässt, schnell gieße, weil es draußen so heiß und schwül ist und offenbar die Erde auch schon ganz trocken ist, und ich mich dann umdrehe und weggehe, und so ein Geräusch höre oder wahrzunehmen vermeine, wie ein kleines Schlucken, das eigentlich ziemlich fröhlich klingt.

 

-Kann ich mir irgendwie vorstellen, wenn du das so erzählst, sagt Okapi. Darf ich was zur Sammlung beisteuern?

 

-Gewiß! meint Zebra mit einladender Geste.

 

-Weil ich mir weiter ausgemalt habe, wie es der Biene gegangen ist, und der Tomate, Dass sie vielleicht eine Art Dankbarkeit empfunden haben. Ich habe heute von einer Dankbarkeitsübung gehört, die ganz konkret ist. Weil die meisten Leute ja ihre Inputs vom Computer oder Telefon aufnehmen, war die Aufgabe, sich gleich mal bei diesem Gerät der Übermittlung zu bedanken. Das hat vielleicht was Animistisches, aber dahinter steckt natürlich eine Idee, die nicht von der Hand zu weisen ist: sich bei den Leuten zu bedanken, die das ermöglicht haben. Also bei all diesen kongenialen Geistern, die zusammengearbeitet haben, um überhaupt diese Technologie zu entwickeln, in der wir untereinander verbunden sind und miteinander kommunizieren können.

 

-Animistisch, ja, aber durchaus realistisch, kommentiert Zebra. -Das gefällt mir! Eine Szene hab ich noch.

 

-Ich höre, sagt Okapi.

 

-Ich habe dieses kleine Symbol, das eine Schutzsphäre darstellt. Das mir hilft, mit negativen Meldungen, Tatsachen und Energien umzugehen. Das mich an einen inneren Ort der Ruhe erinnert. Es ist ein Stein, den ich mir einmal gewünscht habe, den mir eine liebe Freundin geschenkt hat. Er hat etwas von einem Lichterkanz der sich über Grün und Pink einfärbt. Den trage ich ganz oft.

 

Zebra hält den runden bunten Stein gegen die Sonne und läßt einen kleinen Regenbogen aufleuchten, den die beiden in stiller Bewunderung betrachten.

 

 © Bild von Roksolana Zasiadko/Unsplash


 

It is what it is


-Okapi, do you have time for a bit of metaphysical crossover work?

 

-Oh, hi Zebra, I didn't hear you arriving. Okapi blinks from under a straw hat, which looks great on it. -What do you mean by that? And what is the crossover made with?

 

Zebra looks admiringly at the sun hat. -Good idea to put something like that on. My thought processes are probably more associative in this heat. I've made a few disjointed observations and would like to ask you what you think!

 

-Why so much preamble? Shoot! says Okapi encouragingly.

 

-To avoid being accused of being unscientific...

 

-Listen, listen, as if that had ever happened, giggles Okapi.

 

-...I would like to remind you of Monsieur Tractatus, says Zebra with a devout expression. -You know him.

 

-Of course I do! Even today, Wittgenstein is considered an important thinker with particularly clear language! Not always unambiguous, though... claire-obscure, I would say. But which statement are you referring to?

 

-I have collected, so to speak, situations in which words do not occur or would be more likely to be distracting, and his captivating formulation came to mind: There is indeed the inexpressible, this shows itself; it is what is mystical.

 

-Sounds promising. And what situations were those?

 

-For example, simply marvelling at how the little bee I've just rescued from the water is struggling to get back on its feet. And to observe this will to live that is in all creatures, even in such a small one. Which, in theory, can't really have a particularly large brain if it's so small, can it? So where does the will have its place?

 

Okapi nods. -And what next?

 

-Or when I quickly water the little tomato plant, which has already drooped all its leaves, because it's so hot and humid outside and the soil is obviously already quite dry, and then I turn around and walk away and hear, or think I hear a sound, like a little gulp, which actually sounds quite cheerful.

 

-I can kind of imagine when you say it like that, says Okapi. May I contribute to the collection?

 

-You're very welcome, says Zebra with an inviting gesture.

 

-Because I had the perception that the bee or the tomato might have felt some kind of gratitude. Today I heard about a gratitude exercise that is very concrete. Because most people take their input from the computer or telephone, the task was to thank this transmission device straight away. It may have an animistic feel to it, but there is of course an idea behind it that cannot be dismissed: to thank the people who made it possible. In other words, to all those congenial minds who worked together to develop this technology in the first place, in which we are connected and can communicate with each other.

 

-Animistic, yes, but quite realistic, comments Zebra. -I like that! I have one more scene.

 

-I'm listening, says Okapi.

 

-I have this little symbol that represents a protective sphere. It helps me to deal with negative messages, facts and energies. It reminds me of an inner place of peace. It's a stone that I once wished for, that a dear friend gave me. It has something of a halo of light that turns green and pink. I wear it very often.

 

Zebra holds the round, colourful stone up to the sun and lights up a small rainbow, which the two of them gaze at in silent admiration.


© Picture: Roksolana Zasiadko/Unsplash

 

 

 

 

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