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Wer spricht für den Wolf?




Soll man mehr Wölfe abschießen? Diese Frage soll jetzt im Europäischen Parlament neu diskutiert werden – nachdem vor einiger Zeit bereits Konsens über höchsten Schutz dieses Tiers errungen wurde. Das durchzubringen muss eine wahre Meisterleistung gewesen sein, wenn man sich das Niveau der Diskussionen vor Augen führt. Und jetzt neu aufrollen? Weil einige Tierhalter es nicht schaffen, Zäune oder Herdenhütehunde als Schutz und Abwehr einzusetzen? Der Wunsch nach Abschuss kann eigentlich nichts anderes als Verwunderung auslösen.

 

Von welcher Position aus kann eine solche Entscheidung getroffen werden?

Jemand, der darüber befindet, ob Wölfe notwendig sind oder nicht, müsste eigentlich eine göttliche Position haben. Allerdings wäre dann das Vorhandensein des Wolfs als ein Fehler in der "Schöpfung" zu werten – denn wenn man ihn eliminieren muss, passt ja mit dem Gesamtkonzept irgendetwas nicht. Das ist eine merkwürdige Grundannahme – egal ob man sie aus einem göttlich oder biologisch argumentierenden Weltbild voraussetzt. Sie entspricht der traditionellen – und deshalb noch lange nicht richtigen -  Idee, der Mensch müsse regulierend in natürliche Kreisläufe eingreifen. Unterfüttert vom alttestamentarischen „Macht euch die Erde untertan“. Man sieht, wohin es uns gebracht hat, so zu handeln: Stichwort Artensterben.

 

In nahezu allen deep dives in natürliche Zusammenhänge von Ökosystemen zeigt sich ein ausgefeiltes Ineinandergreifen unterschiedlichster Lebewesen und Tätigkeiten. Das Gleichgewicht gerät immer dann aus der Balance, wenn der Mensch auftritt.

 

Wie kann es immer noch sein, und was bedeutet es, dass Menschen sich als einzige Lebewesen mit Rechten verstehen? Selbstverständlich stellt ein solcher Standpunkt ein gravierendes ethisches Problem dar, vor allem in Gesellschaften, die selbst immer den Grundwert Demokratie anführen. Aber auch auf der ökologischen Ebene zeigt sich dass diese Prämisse fatale Folgen hat. Uneingeschränkte Ausbreitung einer "invasiven Art", könnte man aus Perspektive der Tiere sagen, deren Lebensräume mehr und mehr eingeschränkt werden. Die anderen, die man schützen will, werden eingesperrt. Wenn sie Glück haben, in umzäunten Nationalparks, in Reservoirs. Mit weniger Glück in Zoos. Ganz von jeglichem Gefühl verlassen all die armen Seelen, die nur deswegen da sind, weil sie gefressen werden sollen. Von der Bestia humana. Ein Blick auf Zahlen, wie viele täglich und stündlich geschlachtet werden zeigt Bestürzendes. Würde man Menschen im gleichen Takt umbringen wie Landtiere und Fische wäre die Welt in 2 1/2 Wochen menschenleer. Wie viele Tiere in Freiheit leben, in ihrem originalen Lebensraum, ergibt auch ein alarmierendes Bild.

 

Aber zurück zur Frage: Warum brauchen wir den Wolf? Warum brauchen wir überhaupt Tiere? Warum brauchen wir die Ameise? Und warum brauchen wir so komische Viecher, die uns beim Picknick stören, oder wenn wir draußen sitzen, was essen oder trinken… z.B. diese komischen Wespen, die einem da immer lästigfallen.

 

-Vielleicht sollte man die Frage mal anders stellen, wirft Okapi ein. -Wer entscheidet denn, was man braucht?

 

Zebra grinst und schaut ein bisschen boshaft drein. -Das ist wohl eine rhetorische Frage gewesen.

 

Es hat sich gezeigt, dass Wespen sehr viele Dinge können, von denen Menschen früher nicht mal geträumt haben. Als es dieses Bild gab, dass sie wie kleine Roboter ferngesteuert vor sich hin wursteln. Ein Bild, das viele Menschen noch immer haben, von Insekten, und überhaupt. Auch von anderen Tieren. Die programmiert von ihren Instinkten alles abwickeln, ohne Gefühle, ohne Idee, um was es geht und ohne Bewusstsein ihrer selbst. In den Worten der Verhaltensökologin und Wespenforscherin Seirian Sumner:  “Das Problem mit Wespen sind die Menschen“. Das gilt auch für unzählige andere Tiere – über deren Fähigkeiten die Allgemeinheit wenig weiß. Dafür umso lieber an uralten Klischees festhält. Eines davon lässt sich so formulieren: Die Welt gehört den Menschen und die Evolution war nur die Vorbereitung auf dessen Erscheinen.

 

Okapi sagt: -Ok. Jetzt lass uns nochmal zum Wolf zurückkehren. Du mußt zugestehen, der Wolf frisst andere Tiere und kann damit Schaden anrichten.

 

Zebra sagt: -Na gut, aber es gibt auch andere, die sehr viele Tiere essen. Und wo der Wolf in einem natürlichen Habitat lebt, gibt es keinerlei Probleme. Nicht einmal beim Zusammenleben mit den Menschen. Es gibt Kulturen die traditionell ein ganz anderes Bild von Wölfen haben, sie respektieren und ihnen Platz geben.

 

-Rom gäbe es nicht ohne Wölfin, fügt Okapi schlau hinzu.

 

Zebra nickt. -Lass mich mit einem erhellenden Zitat enden, aus der Sicht der Wolfsfrau, gewissermassen: „Es ist kein Zufall, dass die unberührte Wildnis unseres Planeten in dem Maße verschwindet, wie das Verständnis für unsere eigene innere wilde Natur schwindet.“

 

 



Bilder:

Weisse Wölfe © Thomas Bonometti Unsplash

Coywolf © Alan Emery, Unsplash






Who speaks for Wolf?

 

Should more wolves be shot? This question is now to be discussed again in the European Parliament - after a consensus was reached some time ago on the highest level of protection for this animal. Getting that through must have been a real feat, considering the level of the discussions. And now to reopen it? Because some animal owners are unable to use fences or herd dogs as protection and defense? The desire to shoot animals can really only cause astonishment.

 

From what position can such a decision be made? Someone who decides whether wolves are necessary or not should actually have a divine position. However, the presence of the wolf would then have to be seen as a mistake in "creation" itself - because if it has to be eliminated, something is wrong with the overall concept. This is a strange basic assumption - regardless of whether it is based on a divine or biological world view. It corresponds to the traditional idea - but that doesn't make it correct - that humans must intervene in natural cycles to regulate them. Underpinned by the Old Testament's "subdue the earth". You can see where acting in this way has led us: keyword species extinction.

 

In almost all deep dives into natural ecosystems, there is to be observed a sophisticated interweaving of the most diverse creatures and activities. The balance is always thrown out of kilter when humans enter the picture.

 

How is it still possible, and what does it mean that humans see themselves as the only living beings with rights? It goes without saying that such a viewpoint poses a serious ethical problem, especially in societies that always cite democracy as a fundamental value. But this premise also has fatal consequences on an ecological level. Unrestricted spread of an "invasive species", one could say from the perspective of the animals, whose habitats are increasingly restricted. The others that humans want to protect are locked up. If they are lucky, in fenced national parks, in reservoirs. With less luck, in zoos. All the poor souls who are only there because they are to be devoured by the bestia humana are treated completely devoid of any feeling. A look at the figures on how many are slaughtered daily and hourly, reveals something shocking. If humans were killed at the same rate as land animals and fish, the world would be deserted in 2 1/2 weeks. How many animals live in freedom, in their original habitat, also paints an alarming picture.

 

But back to the question: Why do we need wolves? Why do we need animals at all? Why do we need ants? And why do we need such strange creatures that disturb us at picnics or when we're sitting outside eating or drinking... for example, those strange wasps that are always a nuisance.

 

-Perhaps the question should be asked differently, Okapi interjects. -Who decides who is needed?

 

Zebra looks a little mischievous. -That was probably a rhetorical question.

 

It turns out that wasps can do a lot of things that we never even dreamed of before. When humans had this image that they were remote-controlled like little robots. An image that many people still have of insects, and of other animals in general. Of other animals too. Programmed by their instincts, they do everything without feelings, without an idea of what is at stake and without any awareness of themselves. In the words of behavioral ecologist and wasp researcher Seirian Sumner: "The problem with wasps is people". This probably also applies to lots of other animals - about whose abilities the general public knows little. They know so little, but remain stuck in their age-old clichés. One of them can be formulated like this: The world belongs to humans and evolution was only the preparation for their appearance.

 

Okapi says: -Ok. Now let's go back to the wolf. You have to concede, the wolf eats other animals, and may cause damage.

 

Zebra says: -All right, but there are others that eat a lot of animals. And where the wolves live in their natural habitat, there are no problems. Not even when living together with humans. There are cultures that traditionally have a completely different image of wolves. And respect them and give them space.


-Rome wouldn't exist without wolves, Okapi interjects.


Zebra nods. -Let me end with an enlightening quote! From the wolf woman's point of view, so to speak: “It's not by accident that the pristine wilderness of our planet disappears as the understanding of our own inner wild nature fades.”

 

 

Clarissa Pinkola Estés: Women Who Run With the Wolves

 


Pictures:

White Wolves © Thomas Bonometti Unsplash

Coywolf © Alan Emery, Unsplash


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